tempusritualis.weebly.com/press.html
Der Tagesspiegel zur
POSITION Berlin
2018
-88.Herbstausstellung des Kunstvereins Hannover, 2018
Kunstverein Hannover (Hrsg.)
ISBN: 13 978-3-934421-27-1
-Paula Modersohn-Becker Kunstpreis 2018
2017
-Von Pablo Picasso bis Robert Rauschenberg
Kunstsammlungen Chemnitz, 2017
Ingrid Mössinger (Hrsg.) und Iris Haist (Hrsg.)
Buchhandelsausgabe: ISBN: 978-3-95498-345-2
Museumsausgabe: ISBN: 978-3-930116-36-2
2016
-Halfway, Christine Schulz, Reinhard Buskies (Hrsg.)
Kunstverein Bochum, Berlin, 2016
ISBN: 978-3-946784-01-2
2014
- INPUT/OUTPUT, Worpsweder Museumsverband, 2014
2013
- California Calling, Kunstverein Búchholz und
Bräuning Contemporary, Hamburg
ISBN: 3-9810179-4-3
2013
- Parkhaus, Karl-Heinz Rummeny (Hrsg.), Düsseldorf 2013
- Vom Hier und Jetzt - 86. Herbstausstellung niedersächsischer Künstler, Kunstverein Hannover, Hannover 2013
- Schauplatz Stadt, Kunstmuseum Mülheim/ Ruhr, 2013, ISBN: 978-3-928135-56-2
- Blowin'free, Reinhard Buskies im Rahmen der Emscherkunst.2013
2012
- Wildes Denken, Michael Stoeber, in: Salon Salder, Salzgitter 2012
- VENTOUX, Christine Schulz, Reinhard Buskies (Hrsg.), Kunstverein Bochum, Berlin 2012
- INTERFERENCE, Schaduwspel, Stichting Idee-fixe, Paul Hagenaars (Hrsg.), Breda 2012
2011
- auto.MOBIL, Tely Büchner und Susanne Knorr / Erfurter Kunstverein, Erfurt 2011
- Kunst baut Stadt, Christine Nippe, Berlin 2011
- Der offene Garten, Meike Behm, Bernhard Jansen, Veronika Olbrich, Gudrun Thiessen Schneider (Hrsg.), Hannover 2011
- Kunstfrühling 2011, BBK Bremen (Hrsg.) Bremen 2011
2010
- >> fast forward 2, The Power of Motion - Christine Schulz, UB, Media Art Sammlung Goetz, ZKM, Karlsruhe / Ingvild Goetz und Stephan Urbaschek (Hrsg.), Ostfildern 2010
- Leinen los - 85. Herbstausstellung niedersächsischer Künstler, Kunstverein Hannover, Hannover 2010
2009
- Everything than passes between us, kuratiert von Christine Nippe, Heft zur Ausstellung, Kölnischer Kunstverein, 2009
- Zur Arbeit von Christine Schulz, Susanne Wedewer-Pampus, Leverkusen 2009
- Wandelbarkeit als Moment der Zeit festhalten. Christine Schulz' Papierarbeiten und Fotografien, Christine Nippe, Berlin 2009
- Parcours, Annett Reckert, Berlin 2009
- Imperium, Galeria Hilario Galguera, Spinnerei, Leipzig, 2009
2008
- Nordlichter - 84. Herbstausstellung niedersächsischer Künstler, Kunstverein Hannover, Hannover 2008
2007
- no Limits, Christine Nippe, Revolver, Archiv für aktuelle Kunst, Frankfurt am Main 2007
- Impressionen, Paris-Berlin, KunstBüroBerlin, Hachmannedition, Bremen 2007
- Placemakers, Christine Nippe, Berlin 2007
- 24. Kasseler DokFest, Beate Anspach zu ALERT, 2007
2006
- Christine Schulz, ALERT, in: Up 2 date, IDFX, Electron, Breda 2006
- Heimspiel, 83. Herbstausstellung niedersächsischer Künstler, Casino, Harriet Häußler, Kunstverein Hannover, 2006
- Nordenfjords 2006, Berlin - Nordjylland, 2006
- Spielwelt, Spiele der Welt - Welt aus Spielen, Aeneas Bastian, 2006
2004
- Panorama, 82. Herbstausstellung niedersächsischer Künstler, Welle, Christine Schulz, Kunstverein Hannover, 2004
- Weltrennen, Sonja Parzefall, auf: CD-Rom, 2004
- Yellow Pages, Marienkäfer, Christine Schulz, 2004
2003
- Christine Schulz, Spielwelt, Flug, in: Die Sehnsucht des Kartografen, Kunstverein Hannover, 2003
- Carina Herring, Die Stadt: Ein Spielsalon, Essay zu Christine Schulz' Spielwelt, in: Licht an - Licht aus, Meisterschülerzeitung HBK Braunschweig, 2003
2002
- John Armleder, Lost in the City, in: Ein Treppenhaus für die Kunst, Christine Schulz, Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur, 2002
- Stephan Berg, Einführungsrede zum 25. Juni, in: Ein Treppenhaus für die Kunst Nr. 7, Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur, 2002
- Christine Schulz, Perspektiven, 81. Herbstausstellung niedersächsischer Künstler, Kunstverein Hannover, 2002
- Daniel Spanke, Abflughalle International Airport WHV, Flug, CD-Rom, 2002, Kunsthalle Wilhelmshaven, 2002
- Christine Schulz, in: Klasse Virnich im BIS, Mönchengladbach, 2002
- Christine Schulz, in: beep - beep II, 404, 2002
2001
- Christine Schulz, NORDWESTKUNST, Preisträgerausstellung 2001, Kunsthalle Wilhelmshaven, 2001
2000
- Christine Schulz, in: beep - beep, 404, Uwe Schwarzer, 2000
- Christine Schulz, in: Filmklasse der HBK, Birgit Hein, 2000
Till Bräuning, 2014
Fotografie und Schönheit im Werk der Christine Schulz
Michael Stoeber, 2012
Wildes Denken
Zum Werk von Christine Schulz
Reinhard Buskies, 2012
Bergtouren in medialen Landschaften
Veronika Olbrich, 2011
Von der Sehnsucht nach Schutz und Freiheit
Stefanie Manthey, 2010
Zu der Installation UB/ Christine Schulz in dem Katalog >>fast forward 2
Susanne Wederwer Pampus, 2009
Zur Arbeit von Christine Schulz
Christine Nippe, 2009
Wandelbarkeit als Moment der Zeit festhalten.
Christine Schulz' Papierarbeiten und Fotografien
Annett Reckert, 2009
Parcours
Aeneas Bastian, 2007
Christine Schulz. No limits
Christine Nippe, 2007
Flüchtige Bildräume - die Kunst von Christine Schulz
Aeneas Bastian, 2007
Schönheit vor dem Untergang. Christine Schulz' Bilder von der Beschleunigung der Welt
Harriet Häussler, 2006
Casino von Christine Schulz
Beate Anspach, 2006
ALERT
Aeneas Bastian, 2005
Spiele der Welt, Welt aus Spielen
Sonja Parzefall, 2004
Christine Schulz Weltrennen
Carina Herring, 2003
die stadt: ein spielsalon
John Armleder, 2002
Lost in the City
Stephan Berg, 2002
Kunst im Treppenhaus Nr. 7
Daniel Spanke, 2002
Abflughalle International Airport WHV
Zur Installation Flug von Christine Schulz in der Kunsthalle Wilhelmshaven
Reinhard Buskies
Bergtouren in medialen Landschaften
Anmerkungen zu Christine Schulz' Werkkomplex VENTOUX
Zu den Eigenheiten jenes Zeitalters der Bilder, in dessen fortgeschrittenem Stadium wir uns offensichtlich befinden, zählt zunehmend die Vorstellung, der Wirklichkeit im Bild uneingeschränkt habhaft werden zu können. Der erreichte Entwicklungsstand sowie die allgemeine Verbreitung hochtechnischer Bildmedien scheinen einerseits einen lückenlosen Zugriff auf die visuelle Wirklichkeit zu gewährleisten, andererseits eine kaum mehr entflechtbare Durchdringung realer und virtueller Sphären mit sich zu bringen. Das weltumspannende Datennetz ermöglicht per Mausklick den Zugriff auf jeden nur erdenklichen Punkt der Erde und Mobiltelefone mit integrierter hochauflösender Fototechnik lassen uns gleichsam mit der Kamera im Anschlag durch die Welt gehen, stets bereit, den buchstäblichen Augenblick zur digitalen Bilddatei gerinnen zu lassen und sogleich über virtuelle soziale Netzwerke mit einer weltweiten Community zu teilen. Der Modus unserer Welterfassung und Welterfahrung ist in einem tiefgreifenden und zunehmend dynamischen Wandel begriffen.
Christine Schulz beleuchtet in ihrem Schaffen das ambivalente Verhältnis von Welt und Bild, von dem, was uns als Wirklichkeit erscheint und den Mittelbarkeiten des medialen Zugriffs. Ihre Medieninstallationen wie auch ihre fotografischen Arbeiten offenbaren den janusköpfigen Charakter der Bilder als gleichzeitige Spiegelung und Konstruktion von Wirklichkeit und führen uns die Welt als eine im ständigen Vergehen begriffene Augenblicklichkeit vor Augen. Die Künstlerin folgt dabei einer Strategie, die sedimentierte Vertrautheiten hergebrachter Sichten unterläuft, indem sie kollagenhaft fotografische Vorlagen oder kurze Videosequenzen zu komplexen Bildgefügen verdichtet, die sich linearen Deutungsmustern konsequent entziehen. Sie fügt über zeitliche und räumliche Grenzen hinweg Disparates und Differentes zu piktoralen Einheiten von großer Eindringlichkeit, ohne dabei Bruchstellen und Schnittlinien als evidente Demarkationslinien einer wesenhaften Divergenz zu überspielen. Der medial vergrößerte Blick auf die Welt erweist sich gerade mit zunehmender Reichweite als indifferent und in höchstem Maße fragmentarisch.
Das Werk von Christine Schulz ist durchdrungen von einer latenten oder auch offen spürbaren Skepsis gegenüber der Postulierung vermeintlicher Endgültigkeiten und Absolutheiten. Einer solchen Haltung entspricht eine Arbeitsweise, die sich weniger in festgefügten Modellen, als vielmehr in weitgehend mutablen Ordnungen manifestiert, die Themenkomplexe in verschiedene Ausstellungssituationen implementiert und dabei jeweils neu befragt, anders formiert und unterschiedlich kontextualisiert. Grundlage hierzu liefert ein von der Künstlerin erstelltes und immer weiter ergänztes bildmediales Archiv, eine auf spezifische Themenfelder bezogene Sammlung von gefundenen Fotos, Standbildern und Videosequenzen aus der Fülle aktueller Medienwelten bis hin zu den endlosen Weiten des Internets, aber auch selbst aufgenommenes Bild- und Filmmaterial. Gleichsam als Fundus momentaner Zustandsbeschreibungen medial erfahrbarer Wirklichkeiten bilden diese einen Workpool, aus dem für die jeweiligen Realisierungen Bilder und Sequenzen ausgewählt und zu neuen, zirkulierenden Sinngefügen zusammengestellt werden.
Charakteristisch für Christine Schulz' installativen Ansatz ist das Bilden neuer Räume im Raum, nicht im Sinne abgeschlossener, hermetischer Raumsysteme, sondern vielmehr in Form weitgehend offener Strukturen, welche sich zum gegebenen Raum ins Verhältnis setzen, diesen durchdringen, neu definieren und erfahrbar machen. Mit Pappkartons, Folienbahnen, paraventartigen Stellelementen oder in der neuesten Werkgruppe mit fragilen Konstruktionen aus Bambusstäben generiert die Künstlerin temporäre, lose gefügte räumliche Konstellationen und integriert darin projizierte Bilder unterschiedlicher technischer Herkunft. Die Projektionen unterliegen dabei durchgängig nicht den gewöhnlich angestrebten Idealbedingungen, sondern treffen unter nicht orthogonalen Einfallswinkeln auf versetzte und inhomogene Flächen, erfahren Verzerrungen, Diskontinuitäten und Brechungen, die einer visuellen Verselbständigung und immersiven Entfaltung des projizierten Bildes spürbar entgegenwirken. Die ephemeren Bilderscheinungen treten in Wechselbeziehung mit den Gegebenheiten der außerbildlichen Wirklichkeit, werden von dieser gewissermaßen vereinnahmt, wie andererseits die Bilder im Moment des Abbildens von der Wirklichkeit Besitz ergreifen.
Werden die Bilder in ihrer Medialität vorgeführt, so ist auch die technische Seite als unausweichlicher Aspekt dieser Medialität thematisiert. In bewusster Differenz zu solchen Entwürfen von Videokunst, die auf ein gänzliches oder weitestgehendes Ausblenden der technischen Vorraussetzungen ihrer Hervorbringung zielen, bezieht Christine Schulz die technische Dimension des Mediums sinnfällig mit ein. Unterschiedliche Medientechniken wie inzwischen kaum noch gebräuchliche Overheadprojektoren oder Diaprojektoren auf der einen, modernste, von digitalen Zuspielern gespeiste Video-Beamer auf der anderen Seite offenbaren dabei nicht nur das zeitliche Verhaftet-Sein technologischer Entwicklungsstände, sondern verkörpern auch differente bildmediale Verfügbarkeiten und verweisen auf einen jeweils spezifischen ontologischen Status der Bilder, seien sie statisch oder filmisch bewegt. Wo die frühere analoge Fototechnik noch die Rückführung der ephemeren Bilderscheinung auf ein konkret fassbares "Original", etwa in Form des Negativs oder auch Diapositivs, ermöglicht, ist ein solcher Begriff im Kontext fluktuierender digitaler Bildwelten schwer greifbar. Mit der Verlagerung der Bilder als frei zirkulierende Datensätze in die binäre Welt des Internets sind diese als virtuell omnipräsente Kopie ortlos und zeitlos geworden. Erst die Einbringung der Bilder in situative Kontexte, die Rückbindung an Ort und Zeit, wendet, wie Boris Groys ausgeführt hat, die Kopie ins Original und kann damit als Neu-Erfindung des jeweiligen Bildes gelten. [1]
Ein derartiges Medienverständnis birgt für die Videokunst von Christine Schulz, die in hohem Maße Found Footage-Material einbezieht und in installative Kontexte integriert, weitreichende Konsequenzen. Die mehrfachen Realisierungen der jüngeren Werkkomplexe, wie Godspeed oder VENTOUX, erweisen sich vor diesem Hintergrund nicht als redundante Wiederholungen, sondern als jeweils neu zu denkendes "Work in Progress", als ein Feld von Möglichkeiten, das sich mit jeder Umsetzung zu jeweils neuen Originalisierungen im Sinne Boris Groys' verdichtet. Ort und Zeit stellen hierbei essentielle Faktoren dar. Einerseits bezieht die Künstlerin Implikationen und Konnotationen des Präsentationsortes in ihre Auswahl und Auseinandersetzung mit dem Material mit ein, richtet den Fokus des künstlerischen Interesses auf unterschiedliche Aspekte innerhalb ihrer breit gefächerten Themenstellungen, andererseits verkörpert jede Realisierung den zu ihrem Zeitpunkt aktuellen Zustand der inhaltlichen und künstlerischen Reflexion des Themas und spiegelt den jeweiligen Bestand des in steter Erweiterung begriffenen Bildarchivs der Künstlerin wieder. Ohne damit die Idee eines teleologischen Erkenntnisfortschritts zu verbinden, evoziert jede Realisierung gleichwohl ein neues und spezifisches Bedeutungsgefüge und damit verbunden ein jeweils eigenes Erkenntnispotential.
In ihrem jüngsten Werkkomplex VENTOUX bewegt sich Christine Schulz thematisch an der Schnittstelle von Natur und Kultur. Sie spürt einem solchen Verhältnis nach als einem wandelbaren und fragilen Konstrukt vor dem Hintergrund differenter Perspektiven und Weltsichten, die ihrerseits in ständiger Neuorientierung und Neuorganisation begriffen sind. Der Titel nimmt Bezug auf den südfranzösischen Mont Ventoux, der durch die Kulturgeschichte hindurch in unterschiedlichen Epochen und Kontexten immer wieder neu in den Blick rückt und damit zur Chiffre einer ambivalenten und wechselhaften Wahrnehmung und Annäherung an die Natur wird. Bereits in frühen Zeiten gilt er den Kelten als heiliger Berg und kultischer Ort. Einen für die Geistesgeschichte markanten Einschnitt bedeutet dann Petrarcas berühmte Schilderung seiner Besteigung des Berges im Jahr 1336, die erstmals Aspekte einer ästhetischen Naturbetrachtung als Selbstzweck etabliert und damit an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit einem gänzlich neuen Naturverständnis den Weg bahnt. In unseren heutigen Blick mischen sich indes touristische und sportive Aspekte, dient der Mont Ventoux doch seit dem frühen 20. Jahrhundert als spektakuläre Kulisse für Motorrad- und Autorennen oder ist unter Radsportanhängern als Etappe der legendären Tour de France bekannt.
Die Pole, zwischen denen Christine Schulz ihre multimediale Relfexion aufspannt, sind denkbar weit gefasst. Der atemberaubend rasanten Schussfahrt eines Snowboarders als großflächiger Videoprojektion auf der einen Seite steht die kurze Filmsequenz eines immer wieder stockenden, mühsam mit dem Pferdepflug arbeitenden Bergbauern gegenüber, die auf einem kleinen, auf dem Fußboden abgestellten Röhrenfernseher zu sehen ist. Dazwischen fügen sich eigentümlich malerisch anmutende Diaprojektionen sowie mehrere Overheadprojektionen, die naturhafte und zivilisatorische Motivebenen ansprechen und ineinander verschränken, sowie die an diversen Raumelementen gebrochene Videoprojektion einer Brücke in abstrahierender Untersicht, verbunden mit dem monotonen Fahrgeräusch der darauf lediglich als Schatten sichtbaren Autos. All dies durchkreuzt als übergreifendes skulpturales Element eine fragile, lose gefügte Gitterkonstruktion aus Schilfgrasrohren oder Bambusstäben, raumgreifend und transparent zugleich, die durchaus Assoziationen an Gebirgsformationen mitschwingen lässt. Grundsätzlich ist dabei das Zusammenkommen von Natur und Kultur evident, in der augenfälligen Naturhaftigkeit des Materials und in der Technik des Bauens und Konstruierens als einer elementaren Kulturleistung.
Mit dem Werkkomplex VENTOUX betrachtet Christine Schulz jedoch nicht nur wechselnde Konstellationen und prozessuale Verschiebungen in der relationalen Beziehung von Kultur und Natur, sondern befragt auch die grundlegenden Optionen unseres verstehenden und gestalterischen Zugriffs auf Natur, gebunden an Handlungsmodelle wie Sammeln, Ordnen, Abbilden oder Katalogisieren, aber auch Interpretieren, Deuten und Fortschreiben. So befindet sich etwa auf einem der Overheadprojektoren ein an die Objektkästen naturkundlicher Museen erinnernder Holzrahmen, der unterschiedliche Möglichkeiten kulturell kodierter Aneignungsmodelle in drei übereinanderliegenden Bildschichten geradezu exemplarisch vorführt. Zuoberst findet sich, gleichsam als denkbar direkteste Form des Zugriffs auf die Erscheinungsformen der Natur, das getrocknete Blatt eines realen Farnes. Dem steht als nächste Schicht das Foto eines Farnes entgegen, in seiner objektiv anmutenden, uninszenierten Darstellung durchaus auf heutige wissenschaftlich-dokumentarische Bildwelten verweisend. Zuunterst liegt eine Folie mit dem gezeichneten Motiv eines Farnes, entnommen dem 1904 veröffentlichten und seinerzeit gerade in Künstlerkreisen stark rezipierten Buch "Kunstformen der Natur" des deutschen Zoologen Ernst Haeckel, jenem fulminanten Versuch, die Natur unter die kulturell geprägten Kategorien eines ästhetischen Systems zu subsumieren. In der wandfüllenden Projektion auf der Stirnseite des Ausstellungsraumes verschmelzen diese drei Ebenen indes zu einem ins Überdimensionale gesteigerten, dschungelartig verdichteten Gesamtbild, das sich der einfachen Auflösung in seine Komponenten wirksam widersetzt.
Derartige Schichtungen und Verdichtungen sind bestimmend für den bildmedialen Ansatz von Christine Schulz. Bezeichnend ist dabei insbesondere die Tatsache, dass diese mittels elementarer optischer Verfahren realisiert sind: auf Overheadprojektoren werden mehrere Bildfolien übereinander geschichtet, bei den Diaprojektionen werden mehrere Diapositive in einem Diarahmen zusammengefasst und gemeinsam durchleuchtet. Dezidiert grenzt sich die Künstlerin damit von jenen computergestützten Bildmanipulationen ab, wie sie heute längst zur Selbstverständlichkeit geworden sind. Ihre Strategie zielt nicht auf die Schaffung neuer virtueller oder imaginierter Bildwelten, sondern auf eine spezifische Korreliertheit von Bild und Welt, auf die simultane Erfahrbarkeit von bildlich gefassten Realitäten, die in der Überlagerung zu neuen Bildwirklichkeiten verschmelzen, ohne sich dabei ihrer selbst zu entfremden und gänzlich in den neuen Bildlichkeiten aufzugehen. Der Bildwelt von Christine Schulz ist ein Moment der Faszination ebenso eingeschrieben wie eine latent spürbare Irritation.
Es ist ein kaleidoskopartiger Blick, ein facettenreich aufgefächerter und sogleich wieder vielfach ineinander geblendeter Ausblick auf die Welt, der uns in den Arbeiten von Christine Schulz gegenübertritt, ein multimedialer Versuch der Spiegelung einer hochkomplexen Wirklichkeit als einer Simultanität, die anders nicht sichtbar und erfahrbar gemacht werden kann. Unterschiedlichste Medienbilder in skulptural definierten Räumen, begleitet von einer vielschichtig sich überlagernden Geräuschkulisse, fügen sich dabei gleichsam als komplementäre Informationsebenen zu einem interferenten Nebeneinander von persönlicher und medial vermittelter Welterfahrung. Gerade darin kommen sie unserem Erleben von Gegenwart in technikdominierten Lebenswirklichkeiten nahe.
[1]1 Boris Groys: Vom Bild zur Bilddatei - und zurück. In: Rudolf Frieling, Ulf Herzogenrath (Hg.): 40jahrevideokunst.de - Teil 1. Digitales Erbe: Videokunst in Deutschland von 1963 bis heute. Ostfildern, 2006. S. 50 - 57.